Musealie des Monats #4

In unserer Reihe „Musealie des Monats“ stellt Sarah Lex, zuständig für unsere Museumssammlung, jeden Monat Gegenstände aus unserem Depot vor, die für die Öffentlichkeit momentan nicht sichtbar sind.

Zwischen März und Oktober 1933, insbesondere am 10. Mai, wurden von Nationalsozialisten Schriften verbrannt, die inhaltlich nicht zu ihrer NS-Ideologie passten, von politischen Gegner*innen, Juden oder Jüdinnen stammten. Die Bücherverbrennungen waren propagandistische Veranstaltungen, die allen voran von Studierenden und der HJ getragen wurden.

Musealie aus dem Archiv des Erinnerungsort BADEHAUS

Das 1932 erschienene Buch „Gerechtigkeit! Zur Lösung der Judenfrage“ von Friedrich von Oppeln-Bronikowski war eines der verfemten Bücher. Es fällt durch seinen betont pro-jüdischen Inhalt auf und war das zweite Buch, dass der Autor gegen den Antisemitismus schrieb. Er glaubt, dass Deutschland ohne die Errungenschaften von deutschen Juden und Jüdinnen verarmen, stillstehen und in eine „Unkultur“ stürzen wird. Das längste der 9 Kapitel, „Die Juden und die deutsche Kultur“, ist eine Aufzählung der zahlreichen Verdienste von Juden und – nur einer namentlich erwähnten – Jüdin für Deutschland.

Friedrich von Oppeln-BronikowskiMan kann jedoch nicht über Friedrich von Oppeln-Bronikowski sprechen, ohne zu vermerken, dass er sich als Nationalist und ehemaliger Soldat im Ersten Weltkrieg auch militaristisch, antimarxistisch und antizionistisch äußert. 1932 ist Friedrich von Oppeln-Bronikowski zwar die „Brutalität der Nationalsozialisten“ bekannt, die er „unerträglich“ findet. Dennoch unterschätzt er ihre perfiden Interessen. Er glaubt, der nationalsozialistische Antisemitismus würde sich mit der Zeit verwachsen und abklingen, wenn das Nationale in der Bewegung erstarke. Außerdem sieht er die missbilligenden Reaktionen von hohen Regierungsbeamten als Garantie für die Sicherheit von Juden und Jüdinnen in Deutschland. Seine projüdische Haltung bezieht sich aber nur auf Personen, die Deutschland von Nutzen sind. Die Abweisung, Abwanderung und Internierung der „rückständigen Ostjuden“ begrüßt er genauso, wie die von „jüdischen Schädlingen und Auswüchsen“, die er vom seiner Meinung nach schützenswerten „Kulturjudentum“ unterscheidet.

Auf dem oberen Foto: Ausgabe von Friedrich von Oppeln-Bronikowskis Werk aus dem Archiv des Erinnerungsortes BADEHAUS; Copyright: Sarah Lex/ Jonathan Coenen. Auf dem unteren Foto: Friedrich von Oppeln-Bronikowski. Copyright: Bundesarchiv.

 

Am 10. Mai 2022 jährt sich die Bücherverbrennung zum 89. Mal. In der Veranstaltungsreihe „Begegnungen im BADEHAUS“ gedenken der Verein „Bürger fürs BADEHAUS Waldram-Fährenwald e.V.“, der „Historische Verein Wolfratshausen e.V.“ und junge Menschen aus der Region daran und spannen den Bogen zur Situation von Schriftsteller*innen und Künstler*innen, die in der Gegenwart von Verfolgung bedroht werden: ab 19 Uhr in der Loisachhalle mit Lesungen, Musik und kreativen Beiträgen. Karten sind im Erinnerungsort BADEHAUS, per E-Mail, per Telefon, an der Abendkasse oder hier erhältlich: