Wenige Tage vor dem 76. Jahrestag ihrer Befreiung ist die niederländische Widerstandskämpferin und letzte bekannte Überlebende der „Agfa-Frauen“, Willemijn Petroff-van Gurp, im Alter von 102 Jahren in ihrer Heimat Baarn gestorben.
Geboren am 7. November 1918 in Den Haag als eines von 15 Kindern einer streng protestantischen Familie kommt sie während der deutschen Besatzung über ihren Freundeskreis in Kontakt mit Widerstandsorganisationen, die sie als Botin oder beim Besorgen von Lebensmittelkarten und gefälschten Papieren für untergetauchte Personen unterstützt. Im Juni 1944 wird sie von der SS verhaftet und gelangt nach Gefängnisaufenthalten über das KZ Herzogenbusch und KZ Ravensbrück im Oktober 1944 als Zwangsarbeiterin in die Agfa-Kamerawerke in München Giesing, einem Außenkommando des KZ Dachau. Ende April wird sie von dort gemeinsam mit etwa 500 weiteren „Agfa-Frauen“ auf den Todesmarsch Richtung Süden gezwungen. In Wolfratshausen angelangt können die Frauen in der Scheune des Walser-Hofes übernachten und werden von der Familie Walser mit Suppe versorgt. Am 1. Mai werden Willemijn und die anderen „Agfa-Frauen“ dort von amerikanischen Truppen befreit und mit als erste Displaced Persons nach Föhrenwald gebracht, wo sie ihre ersten Tage in Freiheit verleben kann. Diese Zeit beschrieb sie mit den Worten: „The feeling, that you can speak your own mind, was a good feeling!“. Ende Mai 1945 gelangt sie wieder zurück in ihre Heimat, arbeitet in England und Italien und kehrt später wieder in die Niederlande zurück.
Für ihre Verdienste im Widerstand wird Willemijn mit dem niederländischen Widerstandsgedenkkreuz ausgezeichnet und wenige Wochen vor ihrem Tod im März 2021 zur Ritterin im Oranje-Nassau-Orden ernannt.
Im September 2015 durfte der 2. Vorsitzende des BADEHAUSES Willemijn in den Niederlanden besuchen und ihre Erzählungen über den Todesmarsch und Föhrenwald in einem gefilmten Interview festhalten. Dieses kann im Wald der Erinnerung des BADEHAUSES gemeinsam mit Willemijns Biographie angesehen werden.
Mit Willemijn verlieren wir eine der letzten Personen, die Zeugnis vom Todesmarsch und den ersten Tagen des DP-Lagers Föhrenwald ablegen konnten.
Emanuel Rüff im April 2021
Fotos: Willemijn Petroff-van Gurp im September 2015, © Privat
Willemijn Petroff-van Gurp vor dem Krieg, © Privat