So viele Rabbiner auf einmal waren seit Schließung des jüdischen DP-Lagers Föhrenwald im Jahre 1957 wohl noch nie im Isartal: Im Rahmen der dreitägigen Europäischen Rabbiner Konferenz, an der in dieser Woche 250 Rabbiner aus 43 Ländern in München teilnahmen, besuchte am 31. Mai eine Gruppe aus Israel und Deutschland ganz spontan den Erinnerungsort BADEHAUS. „Ich bekam in der Arbeit plötzlich einen Anruf, dass in etwa einer Stunde eine Delegation das ehemalige jüdische DP-Lager Föhrenwald besuchen möchte“, berichtet die BR-Autorin und Vereinsvorsitzende Dr. Sybille Krafft. „Dann ging’s bei uns rund“, ergänzt sie augenzwinkernd. „Unser Team hat in Windeseile alles hergerichtet und koschere Getränke besorgt, damit wir wenigstens eine kleine Bewirtung anbieten konnten.“ Der hohe geistliche Besuch freute sich dann über diese Geste sehr.
Vorstandsmitglied Eva Greif, die als Waldramerin schnell herbeieilen konnte, führte die deutschen Rabbiner Shmuel Aharon Brodman und Yehuda Aharon Horovitz sowie die israelischen Rabbiner Avraham Koszman, Yossi Spring, Asher Weiss und Elieser Simcha Weiss durch das Museum und zeigte den Gästen insbesondere die Räume und Exponate, mit denen Föhrenwald als „letztes jiddisches Schtetl auf europäischem Boden“ in der Ausstellung dokumentiert wird.
Die Religionsgelehrten kannten natürlich die große historische Bedeutung von Föhrenwald als eines zentralen Ortes, an dem das jüdische Leben nach der Schoah „wiedergeboren“ wurde. Besonders interessiert waren die Gäste an den vielen Fotos und Filmaufnahmen im Museum, an der ehemaligen Mikwe und an der Darstellung des religiösen Lebens in diesem großen Lager für jüdische Displaced Persons (DP). Ehrfürchtig verweilten sie vor einem Bild des religionsgeschichtlich so bedeutenden Rabbiners Jekusiel Jehuda Halberstam. Dieser berühmte „Klausenburger Rebbe“ hatte ein grausames Schicksal: Seine Frau und seine elf Kinder waren von den Nazis ermordet worden. „Ich habe alles verloren, doch nicht Gott“ – dieses Zitat ist von ihm überliefert und ist heute auf einer Ausstellungswand im Erinnerungsort BADEHAUS zu lesen. Rabbi Halberstam hatte einst das religiöse Leben im Lager entscheidend geprägt und auch dafür gesorgt, dass hier eine Mikwe, ein jüdisches Ritualbad, eingerichtet wurde. Dass sie heute im Erinnerungsort BADEHAUS genau an dieser historischen Stelle standen, beeindruckte die Rabbiner sehr.
Einer der Religionsgelehrten, die den Erinnerungsort BADEHAUS besuchten, war der Rabbiner Asher Weiss – „eine der bedeutendsten rabbinischen Persönlichkeiten der Welt“, so der Münchner Rabbiner Brodman. Mit Föhrenwald verbindet Rabbi Weiss, der aus der chassidischen Sanz-Klausenburg-Dynastie stammt, eine ganz persönliche Geschichte: Für ihn war es „eine Rückkehr in die Heimat“, wie er auf Deutsch erklärte. Denn seine Eltern hatten in diesem jüdischen DP-Lager einst geheiratet und sein älterer Bruder wurde 1947 in Föhrenwald geboren. „Der Besuch berührt mich sehr“, sagte er Museumsmitarbeiterin Sarah Lex zum Abschied.
Ehe es zurück nach München ging, fuhren die Gäste noch mit dem Auto durch Waldram und insbesondere in die ehemalige New Jersey Street (heute Korbinianstraße). Hier waren während der Lagerzeit die Rabbiner untergebracht und hier wohnte wahrscheinlich auch der Vater von Rav Asher Weiss.
„We will forever remember the tragedy and the rebirth. The Jewish never lost hope and faith that the G-d of our forefathers will save and salvage his beloved children.“
„Rosh Chodesh Sivan 31/May/22 I have walked trough your meaningful exhibition with tears in my eyes. Tears of sorrow being remembered of the terrible past and tears of joy in thanks for our present. We are suovivors – thank G-d. May you all be blessed with health, peace and harmony. No more war. Only peace. Rabbi Eliezer Simcha Weiss, Chief Rabbinate Israel“
Auf dem Foto: Rabbiner mit Vorstandsmitglied Eva Greif in der Ausstellung des Erinnerungsortes. Der ältere, kleinere Rabbiner mit dem weißen Bart ist Rabbi Asher Weiß. Copyright: Sarah Lex.